Nur über meinen Tisch! Bist du ein:e Micromanager:in?
Du trägst Führungsverantwortung und fragst dich: betreibe ich Micromanagement? Oder du hast eine:n Vorgesetzte:n im Blick? Diese fünf Anzeichen für Micromanagement bieten einen Überblick.

Egal ob du neu in deiner Rolle bist, oder schon reichlich Erfahrung gesammelt hast, es lohnt sich immer, deinen Führungsstil zu reflektieren und zu hinterfragen. Manchmal hat man etwas falsches gelernt, manche Dinge schleichen sich einfach mit der Zeit ein. Hier erfährst du, was Micromanagement ist, welche Auswirkungen es haben kann und wie du es erkennst – bei dir selbst, oder bei deinen Vorgesetzten.

Was ist Micromanagement?

Unter Micromanagement (auch Mikromanagement) versteht man einen Führungsstil, bei dem der:die Vorgesetzte sich tief in die Details der täglichen Aufgaben einmischt. Während es bei kooperativen oder partizipativen Führungsstielen darum geht, lediglich das Ziel und einen groben Rahmen zu definieren, gibt der:die Micromanager:in Schritt-für-Schritt-Abläufe an, wie die Aufgabe zu erledigen ist. Die Einhaltung der Schritte ist dabei genauso relevant wie das Erreichen des Ziels an sich. Und Micromanager:innen wollen Updates: Täglich, manchmal sogar mehrmals täglich, um jeden Schritt ihrer Mitarbeitenden zu kontrollieren. Denn darum geht es ihnen tief im Inneren: Kontrolle. Bewusst ist ihnen das nicht zwingend. Micromanager:innen können von dem Wunsch angetrieben sein, einen guten Job zu machen und gute Vorgesetzte zu sein. Immer erreichbar, immer bereit, Hilfe zu leisten. Irgendwann jedoch schlägt es dann häufig um und wird vor allem von ihren Mitarbeiter:innen nicht als Unterstützung wahrgenommen, sondern als Kontrollwahn.

Warum ist Micromanagement schädlich?

Micromanagement schadet einzelnen Personen und Teams, es schadet aber auch der Produktivität, der Kultur und dem ganzen Unternehmen.

Fehlerkultur und Innovation gehen verloren

Micromanagement ist das Gegenteil von Vertrauen – und Mitarbeiter:innen spüren es, wenn man ihnen nicht vertraut. Sie merken schnell, wenn sie einen “Kontrolle ist besser”-Typus vor sich haben. Sie fühlen sich beobachtet und unter Generalverdacht. Eine Kultur, in der du Freiräume hast, Fehler machen darfst und alle gemeinsam daraus lernen, stirbt so zügig ab. Und damit schließt sich auch der Raum für Innovation. Wenn ein Unternehmen diejenigen belohnt, die stumpf ihre Aufgaben erledigen, statt sich Gedanken zu machen, ob die Aufgaben überhaupt nötig sind, oder wie man sie schneller, besser, gewinnbringender erledigen könnte, wird es die Mitarbeiter:innen verlieren, die über den Tellerrand schauen wollen.

Potenziale bleiben ungenutzt und die Motivation sinkt

Die Reaktion darauf ist häufig: Dienst nach Vorschrift, das vieldiskutierte Quiet Quitting. Wenn dein Engagement nicht gewürdigt wird, du nicht selbst denken, sondern Vorgaben erfüllen sollst, warum solltest du dich noch voll reinhängen? Dein:e Chef:in hält dich offensichtlich eh nicht für fähig, selbst Lösungen zu entwickeln. (Die Ursachen liegen natürlich in Wahrheit woanders!) Und wenn dir Fehler passieren, nicht so schlimm, deine Arbeit wird ja sowieso mit Argusaugen überprüft.

Ergebnisse werden schlechter

Wenn schließlich das gesamte Team, oder noch schlimmer, das ganze Unternehmen, nur noch in Vorschriften, Arbeitsanweisungen und Kontrolle denkt, sinkt höchstwahrscheinlich irgendwann die Produktivität. Neben demotivierten Mitarbeiter:innen tragen auch die Kontrolleure selbst dazu bei. Denn sie verlieren sich in Details und Aufgaben, die ihre Mitarbeiter:innen vermutlich viel besser erledigen könnten – schließlich wurden sie irgendwann mal für den Job eingestellt! Und ihre eigentlichen Führungsfunktionen, also Richtung vorgeben, Ressourcen sichern, Coaching und Entwicklung ihrer Teammitglieder, all das bleibt unerledigt.

Wie du erkennst, ob du Mikromanagement betreibst

Gründe genug also, am Besten gar nicht erst in diese Falle zu tappen. Und wenn es passiert ist, hilft nur eins: Mach dir bewusst, welchen Weg du eingeschlagen hast. Denn nur so kannst du ihn wieder verlassen.

5 Anzeichen für Micromanagement

Die folgenden fünf Anzeichen sind selbstverständlich nur eine Richtlinie. Es kann immer Gründe geben, warum du einzelne dieser kritischen Punkte in deiner Position nicht vermeiden kannst. Wenn du allerdings bei fast jeder Frage nickst, dann könnte es sich lohnen, dass du dich eingehender mit dem Thema beschäftigst.

Einschränkung der Selbstständigkeit

Beaufsichtigst du deine Mitarbeiter:innen, statt sie zu führen? Kennst du jeden Aspekt ihrer Arbeit bis ins kleinste Detail? Haben sie fast keine Entscheidungsbefugnis, weil alles über deinen Tisch gehen soll?

Ständige Termine und Updates

Verlangst du von deinem Team, dass es dich immer auf dem Laufenden hält? Täglich? Vielleicht sogar mehrmals täglich? Bist du ständig in Besprechungen und 1:1s mit deinen Mitarbeiter:innen? Auch mit denen, die eigentlich eine höhere Verantwortung tragen könnten?

Zu viel Liebe fürs Detail

Was ist dir wichtiger? Wie eine Aufgabe erledigt wird, oder dass sie erledigt wird? Beschäftigst du dich vielleicht selbst lieber mit Detailarbeit, als dich aufs große Ganze zu konzentrieren?

Delegieren ohne Loslassen

Fällt es dir schwer, Aufgaben vollständig zu delegieren? Kommt es vor, dass du eine Aufgabe zuerst delegierst, sie dann aber doch selbst erledigst? Bist du der Meinung, dass niemand die Aufgabe so gut oder so ordentlich erledigen kann, wie du?

Kommunikation nur über dich

Bist du immer in cc? Ist es dir wichtig, dass du in jede Kommunikation eingebunden bist, auch wenn es um Routinetätigkeiten geht? Fühlst du dich umgangen, oder sogar hintergangen, wenn du nicht zu 100 Prozent eingebunden bist?

Hilfe, ich bin ein:e Micromanger:in, was kann ich tun?

Herzlichen Glückwunsch, wenn du bis hier gekommen bist – und immer noch weiterliest, dann hast du den ersten Schritt bereits gemacht. Wie so oft ist Selbsterkenntnis auch hier ein wichtiger Teil der Lösung. Jetzt geht es darum, die Gründe für dein Verhalten zu erkunden.

Welche Fragen du dir stellen kannst

Werde ich selbst von einer:m Micromanager:in geführt? 
Bin ich es daher schlicht und einfach gewohnt, so zu arbeiten?
Muss ich selbst ständig Rechenschaft ablegen und soll immer alle Antworten parat haben?
Bekomme ich tatsächlich nicht alle wichtigen Informationen von meinem Team?
Wie könnte ich das verändern?
Stecke ich in meinem Job in einer schwierigen Situation, die sich meiner Kontrolle entzieht?
Beruhigt das Kontrollieren meines Teams vielleicht mein eigenes Gefühl von Ohnmacht?
Was ist mir als Führungskraft wichtig?
Wie möchte ich von meinen Mitarbeitenden wahrgenommen werden?

Wenn du dir etwas Zeit nimmst und dich selbst reflektierst, kommst du womöglich zu spannenden Antworten. Und vielleicht kannst du sogar schon Lösungswege erkennen. Falls du Unterstützung suchst, schau nach Fachliteratur, informiere dich über Managementstile, oder nimm an einem Führungskräfte-Kurs teil. All dies wird dir sicherlich neue Wege eröffnen!

Du willst keine Beiträge mehr verpassen? Registriere dich jetzt und bleib immer auf dem Laufenden!