Zu schön um wahr zu sein? Wenn Unternehmen im Bewerbungsprozess lügen
Wenn du im Vorstellungsgespräch sitzt und denkst “wow, das klingt ja alles fast schon zu perfekt”, dann hast du möglicherweise nicht ganz unrecht. In welchen Bereichen eine Portion Skepsis besonders angebracht sein kann.
In Zeiten des Fachkräftemangels ist es für viele Unternehmen schwieriger geworden, passende Kandidat:innen für ihre offenen Stellen zu finden. Viele haben daher zum Beispiel in eine bessere Ausstattung investiert oder bieten ihren Mitarbeiter:innen Benefits an, die über Obstkörbe und Kickertische hinausgehen.
Andere Unternehmen jedoch scheinen einen anderen, höchst fragwürdigen Weg für sich entdeckt zu haben: Sie behaupten einfach, dass bei ihnen die Boni top, die Kultur 1A und Überstunden sowieso kein Thema sind.
Das zumindest legt eine Online-Umfrage von Yougov Deutschland im Auftrag von Monster nahe. Dort hat im Dezember 2023 fast ein Drittel der Teilnehmer:innen angegeben, in Bewerbungsverfahren schon mal von einem Unternehmen belogen worden zu sein.
Unwahrheiten bei Überstunden, Führungsstil und Stellenbeschreibung
Die Top-Themen, um die es dabei ging, sind laut den Befragten mit jeweils 11 Prozent: Überstunden und die im Job mögliche Work-Life-Balance, die Teamkultur bzw. der Führungsstil im Unternehmen und die Stellenbeschreibung. Mit jeweils 9 Prozent dicht dahinter wurden Karriere- bzw. Aufstiegschancen und Gehaltsschritte genannt.
Andere Bereiche, in denen sich die Ankündigungen der Unternehmen nicht bewahrheiteten, waren die räumliche und technische Ausstattung (5 Prozent) sowie die im Unternehmen möglichen Arbeitsmodelle (7 Prozent). Weiteren 6 Prozent wurden schon einmal unwahre Angaben in Bezug auf Benefits, Boni und Provisionen gemacht.
7 Prozent gaben an, dass die im Bewerbungsverfahren beschriebenen Werte des Unternehmens, wie zum Beispiel Diversität, Inklusion und Nachhaltigkeit, nicht mit der tatsächlichen Arbeitskultur übereinstimmten.
Unterschiede zwischen Männern und Frauen und starke regionale Abweichungen
Einen Unterschied gab es (zumindest in der Wahrnehmung) zwischen Männern und Frauen. So gaben insgesamt 36 Prozent der männlichen Befragten an, schon einmal von einem Unternehmen falsche Angaben zur Stelle oder der Unternehmenskultur erhalten zu haben. Bei den Frauen waren es 29 Prozent.
Zudem scheint besonders in der Hauptstadt Vorsicht geboten, wenn die Versprechen der Unternehmen allzu rosig klingen. Ganze 59 Prozent der Befragten aus Berlin gaben an, schon einmal im Bewerbungsverfahren belogen worden zu sein. Zum Vergleich: in Bayern waren es lediglich 31 Prozent und in Sachsen-Anhalt sogar nur 16 Prozent.
Was kannst du tun, um böse Überraschungen zu vermeiden?
Die Ergebnisse der Yougov-Umfrage sind beunruhigend, zumal sich die Themenbereiche über alles erstrecken, was im Job wichtig ist und was die Entscheidungsfindung von Bewerber:innen beeinflusst.
Was kannst du also tun, wenn du nicht sicher bist, ob alles, was dir im Vorstellungsgespräch angepriesen wird, auch in der Realität Bestand hat? Zuerst empfiehlt sich einfaches Nachfragen. Wenn es zum Beispiel heißt, Überstunden gebe es nicht, erkundige dich freundlich, wie im Unternehmen Zeiten mit besonders hohem Arbeitsaufkommen kompensiert werden. Geht es um Nachhaltigkeit und Inklusion, frage nach, welche konkreten Schritte das Unternehmen geht, um sie zu fördern. Wenn dein:e Gesprächspartner:in bei den Antworten ins Schlingern kommt, ist möglicherweise Vorsicht geboten.
Zudem bietet sich natürlich eine Online-Recherche an. Wie sind zum Beispiel die Bewertungen auf Portalen wie Kununu? Findest du Stimmen von (Ex-)Mitarbeiter:innen, die ihrem Ärger Luft machen? Wenn es dabei um ähnliche Dinge geht, wie die, bei denen du ein mulmiges Gefühl hattest, kann es Sinn machen, dass du sie bei deiner Entscheidung berücksichtigst, oder sie gegebenenfalls in einem Folgegespräch sogar offen ansprichst.
Letztendlich bleibt es aber immer eine Abwägungssache, ob du dich für einen Job entscheidest. Und neben Pro-und-Contra-Listen geht es dabei wohl häufig auch um ein gutes Bauchgefühl.
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